Hohe Provisionen statt unabhängige Beratung
Versicherungsmakler nennen sich häufig unabhängig und neutral. Aber die Kunden stehen bei ihnen nicht immer im Mittelpunkt. Denn den Maklern winken beim Abschluss von teuren Versicherungen hohe Provisionen.
Inhalt
saldo 19/2009
15.11.2009
Letzte Aktualisierung:
17.11.2009
Thomas Lattmann
Versichern lässt sich fast alles: Knapp 6500 Franken haben die Schweizer im letzten Jahr pro Kopf an Prämien für ihre privaten Versicherungen ausgegeben – inklusive Krankenkasse, aber exklusive die Sozialversicherungen AHV, IV, ALV. Orientierung und Beratung im Versicherungsdschungel bieten in der Schweiz rund 800 Versicherungsmakler. Im Gegensatz zu den Aussendienstmitarbeitern von Versicherungen, die nur die Produkte ihrer eigenen Gesellschaft verkaufen, vermitteln Makl...
Versichern lässt sich fast alles: Knapp 6500 Franken haben die Schweizer im letzten Jahr pro Kopf an Prämien für ihre privaten Versicherungen ausgegeben – inklusive Krankenkasse, aber exklusive die Sozialversicherungen AHV, IV, ALV. Orientierung und Beratung im Versicherungsdschungel bieten in der Schweiz rund 800 Versicherungsmakler. Im Gegensatz zu den Aussendienstmitarbeitern von Versicherungen, die nur die Produkte ihrer eigenen Gesellschaft verkaufen, vermitteln Makler die Policen vieler Versicherer. Im Auftrag der Kunden suchen sie nach dem günstigsten passenden Versicherungsschutz.
Seriöse Vermittler geben ihre Provisionen an die Kunden weiter
Entsprechend preisen sie sich an: Die Valiosa in Winterthur beispielsweise lockt mit einem Versicherungsschutz «so individuell wie das Leben». Und die «bestmögliche Versicherung» will die «Unabhängige Versicherungsberatung UVB» in Weinfelden TG bieten. Nicht alle, die sich unabhängig nennen, sind es auch: Dem Finanzdienstleister AWD etwa hat das Landgericht Hannover diesen Sommer sogar ausdrücklich verboten, sich weiterhin «unabhängig» zu nennen. Grund: Der Versicherungsverkäufer AWD ist eine Tochter der Swiss Life. Gegen 80 Prozent aller Unternehmen in der Schweiz schliessen ihre Versicherungen über unabhängige Vermittler ab. Bei den Privatkunden entscheiden sich immerhin ein knappes Viertel dafür. So das Ergebnis einer Umfrage des Versicherungsverbandes.
Längst nicht alle Versicherungsmakler sind so unabhängig, wie sie behaupten. Die saldo-Rechtsberatung zählt laut Leiter Hans Ruedi Schmid «relativ viele» Reklamationen von Lesern, die sich von ihrem Versicherungsvermittler schlecht beraten fühlen. Etwa dann, wenn die Berater ihren Mandanten 10-Jahres-Verträge unterjubeln. Oder Versicherungen empfehlen, welche die Kunden nicht benötigen. Das ist vor allem bei Lebensversicherungen der Fall. Hintergrund: Die Versicherungsgesellschaften zahlen den Vermittlern für abgeschlossene Verträge Provisionen. Je höher die Prämien und je länger die Laufzeit des Vertrags, desto grosszügiger fällt die Provision aus. Anspruch auf diese Provisionen haben aber die Kunden, nicht die Makler. Seriöse Versicherungsvermittler erkennt man daran, dass sie diese Provisionen offenlegen und den Kunden zurückgeben. Im Gegenzug zahlen diese dann das vereinbarte Honorar.
Lebensversicherungen: Provisionen betragen bis 3,5 Prozent der Prämie
Kostenlose Beratungen gibt es nicht. Makler, die damit werben, meinen in der Regel etwas anderes damit: Der Kunde muss kein Honorar zahlen, dafür lässt sich der Vermittler von den Versicherungen zahlen. Damit bringen sich die Berater in einen Interessenskonflikt. Der Kunde und Auftraggeber will die für ihn beste und günstigste Versicherung, der Makler tendiert lieber auf einen Abschluss mit derjenigen Gesellschaft, bei der er die höchste Provision kassiert.
Laut Insidern betragen die Provisionen bei Lebensversicherungen zwischen 2,8 und 3,5 Prozent der Gesamtprämie. Zahlt ein Kunde für eine Risikoversicherung während 20 Jahren insgesamt 60‘000 Franken Prämie, erhält der Vermittler bis zu 2100 Franken. Bei Hausrat- oder Haftpflichtversicherungen entspricht die Entschädigung maximal einer Jahresprämie – also ein paar hundert Franken. Am lukrativsten sind die Provisionen bei gemischten Lebensversicherungen: Sie können ohne weiteres 5000 Franken erreichen.
Tipps: So gehen Sie mit Maklern um
Wer die Dienste eines neutralen Versicherungsvermittlers in Anspruch nehmen will, sollte folgende Tipps beachten:
- Verlangen Sie Auskunft darüber, mit welchen Versicherungsgesellschaften der Makler zusammenarbeitet. Je mehr es sind, desto besser. Einige Makler kooperieren nur mit wenigen Gesellschaften. Unter www.vermittleraufsicht.ch lässt sich im Internet deren Unabhängigkeit nachprüfen.
- Lassen Sie zuerst die bereits laufenden Versicherungsverträge analysieren. Erst dann zeigt sich, wo allenfalls noch Bedarf besteht.
- Wenn Sie wissen, welche Deckung Sie zusätzlich benötigen, lassen Sie dafür mindestens fünf Offerten einholen.
- Schliessen Sie keine langjährigen Policen ab. Wählen Sie Verträge, die jeweils um ein Jahr weiterlaufen, wenn sie nicht gekündigt werden. So können Sie den Versicherungsschutz bei sich verändernden Verhältnissen anpassen.
- Achten Sie darauf, dass Ihnen der Makler die Provisionen offenlegt und herausgibt.
- Vereinbaren Sie mit dem Makler eine Honorierung nach Aufwand. Der Stundenansatz sollte dabei klar bestimmt sein.